Open Source Community unterstützen – Ja gerne, aber wie? [English] Tagtäglich kommen wir mit freier Software in Berührung. Viele unserer smarten Telefone nutzen ein Linux-Betriebssystem. Manche smarten Uhren ebenso. Fahren wir mit unserem Auto, werkeln im Bordsystem Open-Source-Komponenten. Im Serverumfeld und in der Cloud dominieren Open-Source-Betriebssysteme wie Linux. Freie Software wird nicht nur in Forschung und Bildung verwendet, sondern auch in der Wirtschaft, im Gesundheitsweisen und in vielen weiteren Feldern.

Was ist Open-Source-Software genau? Kurz gesagt bedeutet der Begriff, dass der Quelltext eines Computerprogramms öffentlich einsehbar ist und geändert werden kann; zudem kann Open-Source-Software in der Regel kostenlos genutzt werden. Uns sind zwei Interpretationen bekannt. Die erste wird von der Free Software Foundation vertreten, die lieber von „freier Software“ spricht. Sie versteht das Konzept umfassender und bezieht soziale Aspekte mit ein. Im Unterschied dazu beschränkt sich die Open Source Initiative bei ihrer Definition auf Eigenschaften des Quellcodes. Beide Organisationen akzeptieren in etwa die gleichen Lizenzen, unter denen ein Softwareprojekt in diesem Zusammenhang stehen könnte (Open-Source-Lizenzen). Geläufiger ist aktuell jedenfalls der Begriff „Open Source“.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten sich für Open-Source-Software zu engagieren. Der Rest des Beitrags stellt eine Auswahl vor.

Unterstützung durch Benutzung. Durch die Nutzung von Open Source Software erhöht sich ihre Relevanz und ihr Marktanteil – damit einher geht eine höhere digitale Souveränität. 

Wie steigt man um, wo fängt man an? Die Antwort darauf ist anspruchsvoller, als man denken mag. Es ist lehrreich, die eigene Abhängigkeit von proprietären Produkten und Anbietern zu analysieren. Die beiden Master-Studenten Jakob Jäger und Ralf Schweifler von der Universität Würzburg haben in einem Masterprojekt ein Tool gebaut, mit dem sich die eigene Abhängigkeit anhand eines Souveränitätsscores sichtbar machen lässt – darüber hinaus werden Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen.

Ein erster Entwurf kann bereits ausprobiert werden. Noch ist der Algorithmus zur Score-Berechnung rudimentär, soll aber im Rahmen einer Masterarbeit weiter verfeinert werden. Auch sollen weitere Open-Source-Produktempfehlungen folgen. Nach Abschluss der Masterarbeit soll der Quellcode bei Opencode zur Verfügung gestellt werden. Mittelfristig soll dadurch eine Community aufgebaut werden, die gemeinsam Wissen und Erfahrung teilt und durch inhaltliche Weiterentwicklungen das Produkt weiterwachsen lässt. Rückmeldungen nimmt Prof. Dr. Wehnes entgegen.

Neben Open Source Software gibt es auch Open-Source-Hardware. Auch hier lassen sich Abhängigkeiten reduzieren. Weiterhin gibt es offene Inhalte (z.B. unter Creative-Commons-Lizenzen) und offene Daten („Open Data“). Und während der Corona-Pandemie wurde ein Open-Source-Impfstoff veröffentlicht. Dadurch konnten Impfstoffe hergestellt werden, ohne Importkosten bezahlen zu müssen. Es gibt auch Open Source Seeds, also gemeinsam nutzbare freie Saatgüter.

Unterstützung durch Finanzierung. Unterstützenswert sind sowohl Open-Source-Vereinigungen als auch einzelne Open-Source-Projekte, etwa durch das Tragen von Werbung oder finanzielle Spenden und Mitgliedsbeiträge. Verbreitet sind Crowdfunding und Micro-Crowdfunding-Mechanismen. In manchen Fällen besteht auch die Möglichkeit, Open-Source-Entwickler für die Weiterentwicklung spezifischer Komponenten zu bezahlen. Möchte man z.B. Projekte wie Wikipedia unterstützen, sollte man bedenken, dass diese auf anderen Open-Source-Projekte aufbauen, etwa PHP und MySQL. Auch diese Infrastrukturangebote benötigen Unterstützung. Im Unternehmenskontext bietet sich schließlich die Nutzung von Open-Source-Enterprise-Lösungen an, die es inzwischen bei vielen etablierten Anwendungen gibt – als Gegenleistung erhält man kompetenten und zuverlässigen Support. 

Unterstützung durch Mitarbeit. Viele lokale Open-Source-Gruppen bieten einen schnellen Einstieg und die Möglichkeit zum Austausch mit Gleichgesinnten. Ehrenamtliche Tätigkeiten vor Ort wären z.B. das Übersetzen und Korrekturlesen von Dokumentationen, das Organisieren von Veranstaltungen, das Aktualisieren des Webauftritts und die Gestaltung von Flyern und Infografiken. Auch die Erstellung von ansprechenden und informativen Online-Artikeln ist nützlich, um die Reichweite zu erhöhen.

Auch in Open-Source-Projekten gibt es viel zu tun. Es müssen Meetings organisiert sowie Workshops, Konferenzen und Veranstaltungen vorbereitet werden. Weiterhin hilft es, bei Problemen „Bug Reports“ zu schreiben und neue Anforderungen in „Feature Requests“ zu dokumentieren. Einbringen kann man sich auch bei der Erstellung von GUI-Designs und Designleitfäden oder – mit künstlerischem Talent – mit bedruckten T-Shirts oder Logo-Entwürfen.

Dokumentation ist wichtig, wird aber häufig vernachlässigt. Sollten Sie Spaß daran haben, dann schließen Sie sich doch einem Projekt an und helfen Sie mit – entweder ganz nah am Code oder durch die Dokumentation von Abläufen und Strukturen im Projekt oder durch die Erstellung von Tutorials (oder deren Übersetzung). Schriftstellerische Fähigkeiten können auch anderweitig eingesetzt werden. So bieten viele Projekte Newsletter und Blogs an, um die Community auf dem Laufenden zu halten. Das regelmäßige Bespielen und Moderieren dieser Kanäle ist zeitaufwändig, lohnt sich aber, weil es zu einer besseren Wahrnehmung eines Projekts führt. 

Falls Sie Kenntnisse in den verwendeten Programmiersprachen haben, können Sie natürlich auch an der Behebung von Fehlern oder der Weiterentwicklung mitwirken, entweder am Code des Projekts oder den verwendeten Build-Werkzeugen. Aber auch ohne Programmierkenntnisse kann man helfen, etwa indem man die Qualität von Bug Reports durch Rückfragen steigert und den Entwicklerinnen und Entwicklern dadurch Zeit spart. 

In Projekten, bei denen Daten eine große Rolle spielt, könnte man auch helfen Bilder, GPS- und GIS-Daten zusammenzutragen und aktuell zu halten. So bietet z.B. OpenStreetMap allen die Möglichkeit, das Kartenmaterial zu verbessern. Weniger bekannt sind Beteiligungsmöglichkeiten abseits der Software-Entwicklung, etwa bei Open-Source-Pflanzensorten, Open-Source-Normen oder Open Source Design House Building Kits.

Fazit und Empfehlung. Open Source ist überall. Durch unsere Unterstützung können wir eine Zukunft bauen, die unsere Digitale Souveränität steigert.

Der Beitrag wurde erstellt von Sascha Manns (Informatiker), Michel Pecchia (Software License Compliance Manager bei einem deutschen Lösungsanbieter für Elektronik), Prof. Dr. Harald Wehnes (JMU Würzburg, Institut für Informatik) und Prof. Dr. Julian Kunkel (Georg-August Universität Göttingen/GWDG)

Der Beitrag wurde im GI-Radar 332 der Gesellschaft für Informatik veröffentlicht.